Das Tragen von Babys ist eine uralte Praxis, die weit über die menschliche Geschichte zurückreicht und in vielen Kulturen fest verankert ist. Es bietet nicht nur praktische Vorteile, sondern spielt auch eine entscheidende Rolle in der natürlichen Entwicklung von Säuglingen. Diese Form der Nähe und Geborgenheit hat weitreichende Auswirkungen auf die Bindung zwischen dir als Mama und Papa und deinem Kind sowie auf die physische und emotionale Gesundheit deines Babys.
Bindungseffekte
Ein zentraler Aspekt des Tragens von Babys ist die intensive Nähe zwischen dem tragenden Erwachsenen und dem Kind. Diese Nähe schafft eine tiefe emotionale Verbundenheit und fördert ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit beim Baby. Durch den engen Körperkontakt wird die Freisetzung von Oxytocin, dem sogenannten „Bindungshormon“, angeregt, was die emotionale Bindung zwischen dir und deinem Kind stärkt.
Die Bindungseffekte des Tragens erstrecken sich auch auf die Eltern. Das Tragen fördert ein intensives Bewusstsein für die Bedürfnisse des Babys und unterstützt die Entwicklung der elterlichen Instinkte. Eltern, die ihre Babys tragen, berichten oft von einer tieferen Verbindung zu ihrem Kind und einem gesteigerten Selbstbewusstsein in der elterlichen Rolle.
Der Begriff „Tragling“ unterstreicht die Tatsache, dass der Mensch von Natur aus auf das Getragenwerden angelegt ist. Im Tierreich ist das Tragen von Nachkommen weit verbreitet, und beim Menschen setzt sich diese Praxis fort. Im Vergleich zu vielen anderen Säugetieren kommen Menschenbabys jedoch vergleichsweise unreif zur Welt. Das Tragen ermöglicht es dir, die Entwicklung deines Babys auf eine Weise zu unterstützen, die seinem natürlichen Bedürfnis nach Nähe und Schutz entspricht.
Frühkindliche Bewegungsentwicklung
Die Wirbelsäule von Neugeborenen ist noch nicht vollständig entwickelt. Das Tragen in einer ergonomisch korrekten Position ist daher von grosser Bedeutung. Durch das Tragen in einer natürlichen Anhock-Spreiz-Haltung (Knie höher als das Fudi, ergibt in der Form ein M) wird die Wirbelsäule des Babys optimal gestützt, was die gesunde Entwicklung fördert.
Das korrekte Tragen in einer breit gespreizten Haltung unterstützt die natürliche Entwicklung der Hüftgelenke und reduziert das Risiko von Hüftfehlstellungen und trägt somit zur Prävention einer Hüftdysplasie bei. Dies ist besonders wichtig, da Hüftdysplasie zu langfristigen gesundheitlichen Problemen führen kann, wenn sie nicht frühzeitig erkannt und behandelt wird.
Das Tragen von Babys dient nicht nur der praktischen Mobilität, sondern stellt auch eine kindgerechte natürliche Frühförderung dar. Die ständige Kommunikation zwischen Eltern und Baby während des Tragens fördert die sprachliche und soziale Entwicklung. Babys, die getragen werden, erleben die Welt aus einer sicheren Perspektive und sind aktiver an den Aktivitäten ihrer Eltern beteiligt, was ihre kognitive Entwicklung unterstützt.
Tragen fördert Nähe, Geborgenheit, Bindung und unterstützt die gesunde körperliche und emotionale Entwicklung deines Kindes. Das Tragen von Babys ist also nicht nur eine praktische Notwendigkeit, sondern spielt auch eine bedeutende Rolle in der natürlichen Entwicklung von Säuglingen. Wir Eltern sollten uns bewusst für eine ergonomisch korrekte Trageweise entscheiden, um die positiven Effekte des Tragens optimal nutzen zu können und die natürliche Entwicklung unserer Kinder bestmöglich zu unterstützen.
Mobilität im Familienalltag
Dass Tragen entwicklungsphysiologisch sinnvoll und bindungsfördernd ist, hast du nun schon gelesen. Ein wichtiger und oft unterschätzter Faktor ist die Mobilität, die uns das Tragen erlaubt. Egal, ob du ein oder mehrere Kinder hast, die Hände frei zu haben ist so unendlich viel wert. Tragen ermöglicht uns, gerade in der ersten, meist eher herausfordernden Babyzeit, ein grosses Stück Autonomie zurück zu erlangen. Kaum ist das Baby auf der Welt, ist es am liebsten ganz nah bei seinen Lieblingsmenschen. Das Baby ablegen und alleine (an einem sicheren Ort) liegen lassen ist oftmals nicht möglich. Aus Babysicht völlig verständlich. Als Steinzeitbaby war es lebensnotwendig nah an den unmittelbaren Bezugspersonen zu bleiben, der Säbelzahntiger wartete schliesslich hungrig vor der Höhle. Der Säbelzahntiger ist heute nicht mehr da, aber das kindliche Bedürfnis nah am Körper seiner Lieblingsmenschen getragen zu werden ist nach wie vor vorhanden.
Nun leben wir aber auch nicht mehr mit mehreren anderen Menschen zusammen in unserer Höhle, sondern meist in Kleinstfamilien. Wir Eltern kümmern uns nicht mehr nur ums Baby, sondern übernehmen auch alle anderen Aufgaben. Essenszubereitung, Essensbeschaffung, Kinderbetreuung, Haushalt und Erwerbsarbeit gehören zu unseren Aufgaben. Dein Kind mithilfe einer Tragehilfe oder einem Tragetuch an dir zu tragen ermöglicht es dir also gleichzeitig Geborgenheit und Körperkontakt zu schenken und nebenbei zu Kochen, mal den Staubsauger zu schwingen oder dich um das Geschwisterkind zu kümmern. Mal ganz davon abgesehen, dass Spaziergänge völlig unabhängig der Kinderwagentauglichkeit gestaltet werden können oder der öffentliche Verkehr auf Barrierefreiheit überprüft werden muss (denn leider ist diese heute immer noch nicht überall gegeben).
Trageberatung
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